Frontalseminare sind tot, es lebe die Interaktion

geschrieben am: 11.11.2020 von: Oliver Haberger

Wie ein Kollege es kürzlich ausdrückte, “Die Schule von Athen” kehrt zurück. Das Digitale bietet weitaus mehr als das Analoge. Zwar können wir uns nicht riechen und den direkten Kontakt erleben, aber einmal befreit von dem Zwang dieser Prämissen stehen uns andere Perspektiven und Optionen zur Verfügung.  Die Athener Schule kannte Rhetorik, Debatten und Gespräche.

Die Wissensvermittlung wie wir es seit zweihundert Jahren frontal von vorne zelebrieren, könnte vorbei sein. Eines zeigen alle Studien und Beobachtungen, wenn es um Onlineseminare und interaktive Formen geht: Die Teilnehmer kommunizieren direkter und intensiver miteinander, sie koordinieren, kollaborieren und können so am Ende Wissen weitaus besser vertiefen und anwenden. Die Nutzung und Weitergabe von Medieninhalten, Querverweisen und über die Plattformen geben dem Teilnehmer die Gelegenheit, das Erlernte sofort zu vertiefen. 

 

Interaktion verlangt neue Skills  

Ein Dozent konnte im einfachsten Falle in seinem Präsenzunterricht einfach die Inhalte einer Präsentation ablesen und weitergeben. Vervollständigt durch das Aushändigen eines Skriptes sahen dies viele Trainer als das Nonplusultra der Wissensvermittlung.
Im Zuge der Pandemie war
en nun viele Seminaristen gezwungen, ihre Seminare ins Internet zu übertragen und Online Video – Tools abzuhalten. Leider haben viele Trainer und Dozenten ihre bisherige Ansprache auf eine Kameralinse geschwenkt und machen einfach so weiter wie bisher. Doch ein online übertragenes Seminar bleibt einfach nur ein Seminar, wie wir es seit ungefähr 50 Jahren halten. Nach eingehender Untersuchung vieler Studien zeigt sich dabei sehr schnell, dass dies am Ende keinerlei Gewinn bringt.  

Alle Lehrenden, Dozierenden und Trainer benötigen neue Qualifikationen für die Anwendungen im digitalen Bereich. Das meint nicht nur die Nutzung eines Software-Instrumentes wie eine Video Plattform, sondern zum einen die Effekte, die dabei über die Distanzen entstehen und wie mit diesen umgegangen werden muss und zweitens das Führen von Kommunikation, Kollaboration und Interaktion. Der Teacher steht nicht mehr an der Front, er ist eine Stimme unter vielen und eventuell ist sein Bild sogar nicht ganz so imposant, wie das Bild mancher Teilnehmer. Die pädagogischen Fähigkeiten, die hier verlangt werden, können noch an keiner Schule gelernt werden. Wir stehen am Anfang  ganz neuer Lernformen.  

 

Doch was wird aus den bisherigen Präsenzseminaren? 

Forscht man nach, finden sich hier eine ganze Reihe neuer Ansätze, denn die entsprechenden Experten sind sich alle einig: Ein Zurück zu den frontalen Lehrformen des 19. Jahrhunderts darf es nicht mehr geben. Trotzdem ist auch klar, dass die Präsenzform seinen Platz behalten wird, jedoch genügen nicht nur neue Impulse, sondern eine Restrukturierung bis in die Wurzeln und damit ein ganz neues Bild muss erfolgen. Zwar ist in vielen Köpfen noch das Bild der Frontalpräsentation verankert und lässt sich nur schwer verdrängen. Die Pandemie und die damit einhergehende Verlegung auf Webinare veranlassen jedoch Fachleute tiefer und radikaler über Präsenzveranstaltungen nachzudenken. Zahlreiche Initiativen und Spezialisten haben sich auf den Weg gemacht, hier nochmals existenzielle Basis Arbeit zu leisten und neue Formen zu entwickeln. Aus dieser Richtung kommt auch die Frage, ob wir nicht zurück zur Athener Schule sollten.  

 

Tisch- und Stuhlreihen sind eine vermeintliche Ordnung, aber auch ein Korsett  

Was kommt auf uns zu? Tischreihen und Frontalausrichtung werden getauscht gegen OpenSpace-Flächen, Simulation, Modelling, Corporate Learning BarCamp, Huddle-Rooms und ein gutes Dutzend andere Gruppen-Event-Konzepte. 

Wissensaneignung wird dabei nur moderiert und begleitet, das Lernen selbst wird angeleitet und Inhalte werden spielerisch einverleibt. In diesem Gebilde sind die Grenzen fließend und die digitale Wissensvermittlung und analoge Kollaboration können sich hervorragend ergänzen. 

Auf keine andere Weise kann ein Moderator das eigentliche Potenzial eines Teilnehmenden besser entfalten. Der Moderator, oder Dozent, kann sich ganz der Aufgabe widmen, Lernprozesse zu begleiten. Er schließt nur noch erkennbare Wissenslücken, hilft bei der Umsetzung der Aufgaben. Aus dem Seminarraum entsteht so ein Diskursort für gemeinschaftliches Lernen und kann jederzeit angepasst oder anders gestaltet werden. Die Möglichkeiten, sich gegenseitig zu helfen, werden durch wechselseitige Rollen erleichtert, das Ende von TOP Down Teachings. Die Rolle von Lernenden und Lehrenden können variieren. Wer in einem Themengebiet in der Rolle «Lehrende» war, muss nicht das ganze Event in der Rolle bleiben, sondern wechselt eventuell in Bezug auf ein anderes Thema in das Rollenprofil des «Lernenden». 

 

Zusammenfassend  

Die aktuelle Wissensvermittlung über digitale Wege wird im analogen Bereich der Präsenzseminare zu dramatischen Veränderungen führen. Anstelle der frontalen Wissens-Schleuder werden der freie Diskurs, die Debatte, die Reflexion und die sich gegenseitig beeinflussende und praxisnahe Auseinandersetzung zur Lösung einer Aufgabe die wichtigsten Disziplinen sein. 

Wenn das Korsett der historischen Wissens-Vermittlung ausgesondert wird, dann benötigen wir diese angeführten neuen Formen. Menschen bringen ein enormes Potential mit in Events der direkten Begegnung. Daraus Nutzen zu ziehen und den Teilnehmer zu einem Teil seines Lernprozesses zu machen und zu befähigen, sein Potential auszuschöpfen, kann zur höchsten Kunst der Wissensvermittlung werden.  

In den letzten Jahren sind solche neuen Interaktions- und Kollaborationsformen entwickelt worden, welche die Optionen bieten, diesen Ansprüchen zu genügen. Wir werden uns in den nächsten Monaten alle weiter entwickeln müssen, weshalb wir uns intensiv mit den neuen Formen und Angeboten beschäftigen werden.  

Doch schon heute können Sie an den neuen Formen der Online-Angebote teilnehmen. Unsere Berater besprechen gerne Ihre Wünsche und die Möglichkeiten, das volle Potential aus einem FLEXINAR®, LIVEINAR® oder Präsenzseminar für Sie zu generieren. 

Gerade bei unserem FLEXINAR® erleben Sie die höchstmögliche Interaktivität: Sie nehmen zusammen mit anderen Präsenz-und Online-Teilnehmern am Seminar teil, können miteinander interaktiv kommunizieren und das Seminar mit Ihren Fragen und Beispielen formen. Mehr Informationen dazu: https://www.manager-institut.de/flexinar.html 

 

 

Quellen: 

Muuß-Merholz, Jöran: Barcamps & Co.: Peer to Peer-Methoden für Fortbildungen. Beltz 2019. 

Knoll, Thorsten: Veranstaltungsformate im Vergleich: Entscheidungshilfen zum passgenauen Event. Springer Gabler (essentials) 2018. 

Liberating Structures (Stoller-Schai, 2019) https://www.liberatingstructures.de 

Lipmanowicz, Henri / McCandless, Keith: The Surprising Power of Liberating Structures: Simple Rules to Unleash A Culture of Innovation. Liberating Structures Press 2014. 

Steinhöfer, Daniel / Weinert, Christian: Liberating Structures: Entscheidungsfindung revolutionieren. Vahlen 2019. 

Lewrick, Michael | Link, Patrick | Leifer Larry: Das Design Thinking Playbook: Mit traditionellen, aktuellen und zukünftigen Erfolgsfaktoren. Vahlen 2018. 

Lego® Serious Play® Webseite: https://www.lego.com/de-de/seriousplay/ 

Russell, Tom: Meet with Impact. 40 visual tools for productive meetings and engaging workshops. Pearson Business 2019. 

Die Entdeckung von Eigenland®, der Film: https://vimeo.com/190078640 

BestPractices: https://www.eigenland.de/de/idee#best-practices 

Microsoft collaboard: https://www.microsoft.com/en-us/p/collaboard/ 

Moser, Achill: Zu Fuß hält die Seele Schritt: Gehen als Lebenskunst und Abenteuer. dtv Verlagsgesellschaft 2018. 

Freundlinger, Eduard: Wie ich vom Weg abkam, um nicht auf der Strecke zu bleiben: Meine Pilgerreise. Allitera Verlag 2016. 

 

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