Den Entscheidungen zuschauen

geschrieben am: 28.09.2022 von: Oliver Haberger

Gibt es nicht in allen Bereichen eine Zeit “davor” und eine “danach”? Meistens geht dieser Phasenwechsel mit der Einführung einer neuen Technologie einher. Nehmen wir beispielsweise die Digitalisierung. Bei Suchanfragen im Internet gibt es deutlich eine Zeit vor und eine nach Google. Auch bei mobilen Anwendungen darf ich sicher von einer Zeit vor der Einführung des iPhones durch Apples langjährigen CEO Steve Jobs sprechen und danach.

So sieht es auch bei diversen Wissenschaften aus.

Das bildgebende Diagnoseverfahren MRT

Bei der systematischen Erforschung der Entscheidungsfindung gab es ebenfalls einen solchen Phasenwechsel: die Zeit vor und nach der Erfindung der Magnetresonanztomographie (MRT). In der Mitte der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelt, wurde dieses bildgebende Verfahren in den Folgejahren so weit verbessert, dass es sich zur breiten Anwendung in der medizinischen Diagnostik eignete. Doch nicht nur Krankheiten und Defekte in unserem Körper kann man hierdurch genau erkennen, vielmehr konnte man dem Gehirn seither beim Entscheiden, Fühlen und Denken zuschauen.

mrt bild

Die Entstehung der Neuroökonomie

Nach einem weiteren guten Jahrzehnt haben diese neuen Möglichkeiten zur Entstehung einer neuen Forschungsdisziplin beigetragen: der Neuroökonomie. Noch heute steht nicht klar fest, ob diese Mischwissenschaft stärker den Neurowissenschaften oder den Wirtschaftswissenschaften zuzuschlagen ist. Wir sehen die Neuroökonomie als eine gelungene Symbiose beider Forschungszweige – mit der Ergänzung weiterer Erkenntnisse aus Psychologie und Soziologie.

Was ist die Neuroökonomie?

Diese noch junge Wissenschaft beschäftigt sich mit der Frage, wie wir Entscheidungen treffen, insbesondere, wenn wir uns im ökonomischen Kontext befinden. Wenn wir also etwas kaufen oder investieren möchten, Risiken eingehen oder Managemententscheidungen treffen.
Die Neuroökonomie sucht beispielsweise nach Antworten auf Fragen wie:
  • Wie entscheiden Manager unter Druck, wenn sie über wenig Informationen in komplexen Situationen verfügen?
  • Was leitet Manager oder Unternehmer bei M&A-Entscheidungen, die nicht selten gegen die ökonomische Vernunft getroffen werden?
  • Warum kaufen wir ein bestimmtes Produkte, während wir ein anderes kaum beachten?
  • Wie wird das Kaufverhalten von Konsumenten beeinflusst, wonach entscheiden sie, wenn sie sich einem Angebot gegenübersehen? Welche Signale erzeugen welche Reaktionen im Gehirn?
  • Warum erzeugen bestimmte Marken ein so starkes Bedürfnis bei uns, während dies No-Name-Produkte nicht schaffen?
  • Auf welche sinnlich wahrnehmbaren Signale reagieren wir besonders stark? Was lösen Töne, Klänge oder olfaktorische Reize in uns aus?

Naturwissenschaftliche Exaktheit

Derartige Fragen sind nicht neu, sie sind auch schon vor der Entstehung der Neuroökonomie aufgetaucht. Doch mit ihr können die Antworten jetzt weitestgehend sichtbar und valide gemacht werden. Beispielsweise über die oben bereits erwähnte Magnetresonanztomographie.
Das MRT zeigt die Aktivitäten bestimmter Hirnareale auf und gibt Aufschluss darüber, auf welche Reize und Signale unserer Sinne wir auf welche Weise reagieren.
Die Elektroenzephalographie (EEG), ein weiteres bildgebendes Verfahren, gibt Aufschluss über die Sequenz der Reize, d.h. über den zeitlichen Ablauf neuronaler Signale. Welches Neuron “feuert” in welcher Situation? Welches Neuron löst bestimmte messbare Prozesse im Gehirn aus, die dann zu einer bestimmten Entscheidung führen? Und so weiter.
Als Ergänzung zu diesen beiden mächtigen Methoden gibt es noch solche Verfahren, bei denen Körperaktivitäten gemessen werden. Hierzu gehören beispielsweise der Blutdruck, die Pulsfrequenz oder Pupillenerweiterung.

Stirbt der Fragebogen aus?

Dank dieser Verfahren rücken die Erkenntnisse der Neuroökonomie weg von der (spekulativen) Psychologie und Verhaltenswissenschaft. Sie lässt sich eher einer naturwissenschaftlichen Disziplin zuordnen, da ihre Ergebnisse auf vielen Versuchsreihen basieren und sich durch die oben genannten Verfahren immer wieder neu bestätigen lassen. Indem sie unbewusste Entscheidungen und Präferenzen sichtbar und messbar machen konnte, war die Neuroökonomie in der Lage, genauer und aussagekräftiger vorzugehen als etwa empirische Forschungen mittels Befragungen durch Interviews oder Fragebögen.

Neuroökonomie zur Überwindung des Homo Oeconomicus

Vielleicht fragen Sie sich jetzt was der eigentliche Treiber für die Entstehung der Neuroökonomie war? Die bloße Existenz neuer technologischer Werkzeuge kann es ja kaum gewesen sein.
Eine sehr gute Frage. Die Neuroökonomie entstand aus dem Bestreben heraus, das Ideal des Homo Oeconomicus zu überwinden. Dieses theoretische Konstrukt besagte, dass der Mensch im ökonomischen Kontext immer so handelt, dass er einen maximalen Nutzen erhält. Rational und eigennützig. Doch zahlreiche Phänomene ließen sich nach diesem Verhaltensmodell irgendwann nicht mehr erklären.
Die menschlichen Emotionen, Werte und so etwas wie Identität ist bei dem Konstrukt unter den Tisch gefallen. Wichtige Emotionen wie beispielsweise Freude, Überraschung, Sehnsucht, Zorn, Angst und Ekel fanden beim strikt rational denkenden und handelnden Menschen keinen Platz.
Durch die bildgebenden Verfahren konnte man schließlich beweisen und sichtbar machen, dass an unseren Kauf- oder sonstigen Entscheidungen zu rund 90 Prozent solche Gehirnareale beteiligt waren, die mit Emotionen assoziiert sind. Und nur rund 10 Prozent der Entscheidungen waren tatsächlich rational begründet. Das wollten die Verfechter der Theorie des Homo Oeconomicus natürlich nicht gerne hören.

Ausdifferenzierung neuronaler Forschungsrichtungen

Nachdem die neuroökonomischen Ansätze bei der Erforschung der Entscheidungsfindung große Erfolge verbuchten, begann die noch junge Wissenschaft sich auszudifferenzieren. So wurde beispielsweise das Konsumentenverhalten näher beleuchtet und untersucht, auf welche Reize und in welchen Zusammenhängen Neuronen besonders intensiv ansprechen. Hieraus entstanden die Verbraucher-Neurowissenschaften (Consumer Neuroscience) und das Neuromarketing. Andere Spezialgebiete, die stärker entscheidungs- und finanzierungswissenschaftlich ausgerichtet sind, stellen die Decision Neuroscience und Neurofinance dar. Hier hat z.B. der Begriff der Risikoaversion eine große Bedeutung.
Am bekanntesten ist aber wohl das Neuromarketing. Der große Bedarf bzw. das große Interesse seitens der Wirtschaft für die Erkenntnisse hinsichtlich des Kaufverhaltens im B2B- und B2C-Bereich ist wohl der Hauptgrund hierfür. Zum anderen betrifft Neuromarketing aber auch jeden von uns: einerseits in unserer Rolle als Käufer und Verbraucher und andererseits, weil viele TeilnehmerInnen unserer Kurse sicher mit den neurowissenschaftlichen Erkenntnissen arbeiten und sie anwenden werden.

Die Kraft der Marke

Besonders faszinierend sind für uns die Erkenntnisse, die das Neuromarketing in Bezug auf die Kraft und Macht der Marke gemacht hat. Eine Marke ist mehr als Logo, Claim und Verpackung. Eine Marke bündelt viele Emotionen und besitzt ein hohes Identifikationspotenzial. Wie die Untersuchungen des Neuropsychologen und eines der führenden Experten für Neuromarketing in Deutschland, Christian Scheier, gezeigt haben, verfügen Produkte und ganz besonders Marken ihre eigenen „Codes“ (so auch der Titel seines sehr lesenswerten Buches, das er gemeinsam mit Fachkollegen verfasst hat) und über eine eigene „geheime Sprache“. Ob wir wollen oder nicht, werden wir durch sie unbewußt buchstäblich ‘angesprochen’.
Was für Marken gilt, gilt auch für uns selbst. Die gleichen neurophysiologischen und -psychologischen Mechanismen greifen, wenn wir an unserer Selbstoptimierung arbeiten, zur unverwechselbaren und authentischen Marke werden und uns weiter entwickeln wollen: Auch wir lösen in unseren Mitmenschen – beruflich wie privat – auf der unbewussten Ebene bestimmte Reaktionen und Emotionen aus, die zu bestimmten Reaktionen führen können.

Vom Experten in Sachen Neuromarketing bis zu persönlicher Entwicklung

Wir freuen uns natürlich, dass auch unser MANAGER INSTITUT inzwischen zu einer Marke geworden ist, wie der Erfolg unserer Seminare und das Feedback zu unseren DozentInnen beweist. Gern würden wir in diesem Blogbeitrag noch genauer auf den Ansatz und die Ergebnisse im Bereich Neuromarketing eingehen und das Kaufverhalten beleuchten. Vielleicht ein anderes Mal. Doch wenn Sie das Thema Neuroökonomie oder Neuromarketing interessiert, möchte ich Sie dazu ermuntern, in unserem Seminarkatalog zu stöbern.

Ganz besonders empfehlen wir Ihnen das Seminar „Neuromarketing“. Möchten Sie sich persönlich weiter entwickeln und zu einer authentischen ’Marke’ werden, schauen Sie sich unsere zahlreichen Seminare zum Thema Persönlichkeitsentwicklung unbedingt an. Darunter finden Sie sicher Seminare, die Sie Ihren Zielen näher bringen werden.

 

Bildquelle: GR_Image

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